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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: 8 U 150/08
Rechtsgebiete: BBBUZ, VVG
Vorschriften:
BBBUZ § 2 | |
VVG § 172 n. F. |
2. Behauptet der Versicherungsnehmer, mündlich sei gegenüber dem den Antrag aufnehmenden Agenten ausdrücklich eine reine Berufsunfähigkeitsversicherung für eine Hausfrau vereinbart worden, so trifft ihn für eine derartige mündliche Antragsergänzung die Darlegungs- und Beweislast. Dem stehen auch die Grundsätze der Wissenszurechnung des Versicherers ("Auge-und-Ohr-Rechtsprechung") nicht entgegen.
3. Die Vereinbarung einer Erwerbsunfähigkeitsklausel ist grundsätzlich mit § 307 BGB vereinbar.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 26. Februar 2009
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht G., den Richter am Oberlandesgericht Dr. K. und den Richter am Landgericht S. für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. Juli 2008 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
Die Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO). Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Rente von 168,93 EUR sowie Beitragsbefreiung von monatlich 49,78 EUR aus der mit der Beklagten geschlossenen Kapitalversicherung gem. §§ 1, 2 BUZ i. V. m. den vereinbarten Sonderbedingungen zu.
1. Zunächst kommt kein Anspruch der Klägerin aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Betracht. Abgesehen davon, dass die Klägerin bereits nicht konkret zur Ausgestaltung ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit und den damit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Tischlerin bzw. Verkäuferin in einem Möbelgeschäft vorgetragen hat (zu den Anforderungen an eine entsprechende Arbeitsplatzbeschreibung vgl. BGHZ 119, 263, 266. VersR 2005, 676. NJWRR 1996, 345. VersR 1996, 1090, 1091. 1995, 1473, 1474. 1992, 1386. OLG Koblenz VersR 2004, 989), kommt es auf eine Berufunfähigkeit der Klägerin bereits deshalb nicht an, weil hier abweichend eine Erwerbsunfähigkeitsklausel vereinbart wurde.
a) Die Klägerin hat in ihrem schriftlichen Antrag vom 16. November 1989 der Beklagten die Vereinbarung einer Erwerbsunfähigkeitsklausel angeboten. Maßgebend für die in erster Linie am Wortlaut auszurichtende Auslegung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist, wie sie aus der Sicht des Erklärungsempfängers nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsauffassung verstanden werden musste. Da die Beklagte das Antragsformular vorformuliert hatte, kommt es in entsprechender Anwendung von § 305 c Abs. 2 BGB darauf an, wie der Versicherungsnehmer als Antragsteller das Formular verstehen durfte (BGH VersR 2002, 1089. OLG Saarbrücken VersR 2007, 235). Die Beklagte muss den Antrag also so gegen sich gelten lassen, wie er bei Berücksichtigung der objektiven Umstände für die Klägerin zu verstehen war. Hierbei sind allgemeine Versicherungsbedingungen, und darum handelt es sich auch bei den vorformulierten Angaben im Antrag, so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sachzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (BGH, a. a. O.).
Auf dieser Grundlage konnte für die Klägerin auf der Grundlage des schriftlichen Antrages kein Zweifel daran bestehen, dass durch die Erklärung
"Mit Vereinbarung der Erwerbsunfähigkeitsklausel bin ich einverstanden."
der Begriff der Berufsunfähigkeit durch den der Erwerbsunfähigkeit ersetzt werden sollte. Auch ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer der Unterschied zwischen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit nicht schwer zu verstehen, sondern durchaus geläufig. Berufsunfähigkeit bezieht sich schon von seinem Wortbegriff auf die Unmöglichkeit, seinen erlernten bzw. gerade ausgeübten Beruf weiter ausüben zu können, während es bei der Erwerbsunfähigkeit darum geht, dass generell keine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zum Erwerb des notwendigen Einkommens mehr ausgeübt werden kann. Das kommt auch noch einmal deutlich durch die von der Klägerin selbst eingereichte Anlage zu dem Versicherungsantrag zum Ausdruck. Dort wird unter "G. Klauseln" die Erwerbsunfähigkeitsklausel im einzelnen erläutert und ausdrücklich geregelt, dass der Begriff der Berufsunfähigkeit durch den der Erwerbsunfähigkeit ersetzt wird. In Ziff. 3 wird auch die Erwerbsunfähigkeit näher beschrieben, indem es dort heißt:
"Erwerbsunfähig ist der Versicherte, der infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann. Erwerbsunfähigkeit liegt ferner vor, wenn der Versicherte mindestens sechs Monate lang ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, außerstande gewesen ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit zu erzielen und dieser Zustand im Zeitpunkt der Feststellung fortbesteht. ..."
Auch hierdurch wird deutlich, dass ein Anspruch auf Rente und Beitragsbefreiung erst besteht, wenn entweder gar keine Erwerbstätigkeit oder nur noch eine solche mit geringfügigen Einkünften ausgeübt werden kann. Diesen schriftlichen Antrag unter Einschluss der Erwerbsunfähigkeitsklausel hat die Beklagte auch angenommen und im Versicherungsschein unter der fett und groß gedruckten Überschrift "Zusätzliche Vereinbarungen" noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die im Antrag angekreuzte Erwerbsunfähigkeitsklausel als vereinbart gilt.
b) Es steht auch nicht fest, dass die Klägerin abweichend von dem schriftlichen Antrag, den der Agent der Beklagten, der Zeuge C., ausgefüllt hat, tatsächlich mündlich einen Antrag auf eine reine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung gestellt hat und stellen wollte. Werden schriftliche Erklärungen im Formular gegenüber dem Agenten nämlich mündlich ergänzt, so werden auch diese Antragsinhalt. Fertigt der Versicherer dann einen Versicherungsschein aus, der inhaltlich nicht dem vom Agenten entgegengenommenen und mündlich ergänzten Antrag entspricht, so liegt darin keine unveränderte Annahme des Antrages mit der Folge, dass § 5 VVG a. F. Anwendung findet (BGH VersR 2001, 1498. Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 5 Rdnr. 15. Römer/Langheid, VVG 2. Aufl., § 5 Rdnr. 16. HKVVG/Münkel, § 69 Rdnr. 23 f.). Unterlässt der Versicherer die in § 5 Abs. 2 VVG a. F. vorgeschriebene Rechtsbelehrung, weil er irrigerweise glaubt, der Versicherungsschein entspreche dem vom Versicherungsnehmer gestellten Antrag, so gilt er gem. § 5 Abs. 3 VVG a. F. als unverändert angenommen. Insoweit muss der Versicherer sich nach den Grundsätzen der "Auge-und-Ohr-Rechtsprechung" (vgl. BGHZ 107, 322) dasjenige zurechnen lassen, was dem Agenten mündlich als Antragsänderung bzw. -ergänzung mitgeteilt wurde.
Zutreffend ist das Landgericht hierbei entgegen den Angriffen der Berufung davon ausgegangen, dass die Beweislast für eine den schriftlichen Antrag ändernde bzw. ergänzende Willenserklärung bei der Klägerin liegt. Diese Beweislast für eine ergänzende mündliche Erklärung auf Erweiterung des Versicherungsschutzes trifft den Versicherungsnehmer auch dann, wenn der Agent des Versicherers den Antrag ausgefüllt hat (BGH VersR 2002, 1089. OLG Saarbrücken, a. a. O.. OLG Koblenz NJW-RR 2004, 30). Im Versicherungsrecht gilt dieselbe Beweislastverteilung wie im übrigen Zivilrecht. Demgemäss muss derjenige, der Rechte aus einem Versicherungsvertrag herleitet, nachweisen, dass der Vertrag mit dem von ihm behaupteten Inhalt zustande gekommen ist. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass ein Agent des Versicherers den Antrag ausgefüllt hat und der Agent dem Versicherungsnehmer als Auge und Ohr des Versicherers gegenübersteht, so dass alles, was ihm mit Bezug auf die Antragstellung gesagt worden ist, auch gegenüber dem Versicherer erklärt wurde. Diese Grundsätze der Kenntniszurechnung haben indessen mit der Beweislast nichts zu tun. Insbesondere führen sie nicht zu einer Verschiebung der Beweislast für mündliche Angaben des Versicherungsnehmers, wenn der Agent den Antrag ausgefüllt hat. So wie der Versicherer die Beweislast für rechtshindernde oder rechtsvernichtende Tatsachen trägt, etwa für Anzeigepflicht oder Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers, so trifft den Versicherungsnehmer die Beweislast für rechtsbegründende Tatsachen, insbesondere also den Inhalt des Vertrages und die vom Versicherer geschuldeten Leistungen. Diese nunmehr auch in § 69 Abs. 3 S. 1 VVG n. F. enthaltene Regelung bestätigt insoweit nur die schon bisher bestehende Rechtslage (HKVVG/Münkel, a. a. O., Rdnr. 52).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Klägerin nicht den Beweis erbracht, dass sie tatsächlich eine reine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ohne Erwerbsunfähigkeitsklausel vereinbaren wollte. Die Klägerin hat in ihrer Anhörung lediglich erklärt, sie sei von einer Berufsunfähigkeitsversicherung ausgegangen. Ihrer Erinnerung nach sei über eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung nicht gesprochen worden. Sie sei damals Hausfrau gewesen und habe eine Umschulung machen wollen. Zunächst habe sie sich zur Zahntechnikerin umschulen lassen wollen, während es letztlich Möbel und Bautischlerin geworden sei. Bereits nach diesen Angaben steht nicht fest, dass die Klägerin überhaupt ausdrücklich mündlich erklärt hat, sie wünsche eine reine Berufsunfähigkeitsversicherung, zumal dann auch gar nicht feststünde, für welchen Beruf diese gelten soll. Der Ehemann der Klägerin, der Zeuge N., hat bekundet, er sei bei allen Gesprächen dabei gewesen, auch als der Antrag von seiner Ehefrau unterschrieben worden sei. Hierbei seien die Klauseln aus dem Antrag weder vorgelesen noch erörtert worden. Bei den Gesprächen sei es immer nur um Berufsunfähigkeit gegangen, während der Agent zur Erwerbsunfähigkeit nichts erläutert habe. Die Klägerin sei damals noch Hausfrau gewesen, wobei es sich gerade um den Übergang zum neuen Beruf der Tischlerin gehandelt habe. Ob diese letztgenannte Angabe des Zeugen zutrifft, ist indessen zweifelhaft, da ausweislich des Gutachtens Dr. P. die Klägerin überhaupt erst 1991 wieder vorgehabt habe, ins Berufsleben zurückzukehren, wobei es zunächst um den Beruf der Zahntechnikerin und erst anschließend um eine Tätigkeit als Tischlerin gegangen ist (Bl. 63 d. A.).
Den Angaben des Zeugen N. steht aber jedenfalls die Aussage des Zeugen C. entgegen, der bekundet hat, wenn bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung Hausfrau als Beruf ausgefüllt werde, komme er zwangsläufig zur Erwerbsunfähigkeitsklausel. Hierbei habe er die Klausel mit der Klägerin auch im einzelnen erörtert. Er halte sich immer streng an die Klausel, die er im einzelnen mit dem Kunden durchgehe. Auf jeden Fall habe er diese Klausel vor der Unterschrift mit der Klägerin erörtert, wobei das auch bei einem Vorgespräch gewesen sein könne. Auf Vorhalt des Versorgungsvorschlages vom 23. Oktober 1989 hat der Zeuge erklärt, hierbei handele es sich um ein PC-Programm, bei dem er nur bestimmte Eckdaten wie Geburtsdatum, Laufzeit etc. eingeben könne, während die Formulierung "50 % Berufs und Erwerbsunfähigkeit" vorgegeben und nicht veränderbar sei. Hierbei habe er mit der Klägerin auch erörtert, dass die 50 %Grenze bei der Erwerbsunfähigkeit nicht gelte, also 50 % Erwerbsunfähigkeit für Versicherungsleistungen nicht ausreiche.
Angesichts dieser Angaben der Zeugen kann zugunsten der Klägerin allenfalls davon gesprochen werden, dass sich zwei gleichermaßen glaubhafte Angaben gegenüberstehen. Die dann zu treffende Beweislastentscheidung fällt mithin zu ihren Lasten aus, da sie den Beweis dafür, dass tatsächlich der mündliche Antrag auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ohne Erwerbsunfähigkeitsklausel gestellt wurde, nicht erbracht hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Aussage des Zeugen C. unzutreffend wäre, bestehen demgegenüber nicht. Insbesondere stellt der Versorgungsvorschlag vom 23. Oktober 1989 kein hinreichendes Indiz dafür dar, dass eine reine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen werden sollte. Die Formulierung "50 % Berufs und Erwerbsunfähigkeit" ist nicht eindeutig, weil sie sowohl den Abschluss einer reiner Berufsunfähigkeitsversicherung als auch einer solchen mit Erwerbsunfähigkeitsklausel deckt. Auch musste der Zeuge C. nicht zwingend schon von einer bestimmten von der Klägerin aufzunehmenden oder früher erfolgten Berufstätigkeit ausgehen, die vom Sinn und Zweck gegen die Aufnahme einer Erwerbsunfähigkeitsklausel sprechen würde. Im Jahre 1989 war die damals 36-jährige Klägerin seit langem Hausfrau und Mutter, nachdem sie nach dem Hauptschulabschluss ein Praktikum zur Krankenschwester im Alter von 18 Jahren abgebrochen und dann bereits geheiratet hatte. Eine Berufstätigkeit stand auch noch nicht unmittelbar bevor, sondern erste Schritte wurden erst 1991 unternommen.
c) Gegen die Wirksamkeit der Erwerbsunfähigkeitsklausel bestehen auch inhaltlich keine Bedenken (OLG Saarbrücken VersR 2007, 235. OLG Koblenz NJW-RR 2004, 30). Insbesondere verstößt sie weder gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB noch benachteiligt sie i. Ü. den Versicherungsnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Zunächst kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer die Bedeutung der Klausel aus dem Antrag und der beigefügten Erläuterung entnehmen. Er wird erkennen, dass Leistungen nicht schon bei Berufsunfähigkeit in einem konkreten ausgeübten Beruf gewährt werden, sondern nur dann, wenn er auf dem Arbeitsmarkt überhaupt keiner oder nur einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen kann. Der Sinn und Zweck einer derartigen Klausel liegt ferner darin, dass die Berufsunfähigkeit an Kenntnisse, Fähigkeiten und die bisherige Lebensstellung des Versicherungsnehmers in dem zuletzt ausgeübten Beruf anknüpft. Das setzt aber wiederum den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten durch eine Ausbildung oder sonstige Qualifikation voraus. Hat der Versicherungsnehmer dagegen noch keine Ausbildung abgeschlossen, würde mit der Berufsunfähigkeitsversicherung eine Berufsausübung versichert, die noch gar nicht in die Praxis umgesetzt wurde und die bisherige Lebensstellung auch noch nicht geprägt hat. Ferner wäre es dem Versicherer in einem derartigen Fall mangels konkreten Berufsbildes anders als in anderen Fällen der Berufsunfähigkeitsversicherung faktisch verwehrt, den Versicherungsnehmer auf einen anderen Beruf zu verweisen, der aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. In derartigen Fällen ist es deshalb sachgerecht, wenn nicht auf die Berufsunfähigkeit, sondern auf die Erwerbsunfähigkeit abgestellt wird.
So liegt es auch bei der Klägerin. Sie hat nach dem Hauptschulabschluss ein Praktikum als Krankenschwester begonnen, das aber abgebrochen, als sie noch nicht einmal 18 Jahre alt war. Anschließend war sie dann Hausfrau und Mutter und hat bis zur Antragstellung im Jahre 1989 keine weitere Berufstätigkeit ausgeübt. Die Ausbildung zur Tischlerin begann erst 1991. Hier wäre nicht ersichtlich gewesen, welchen konkret erlernten Beruf die Beklagte 1989 überhaupt hätte versichern sollen. Zwar wäre es theoretisch möglich, auch den Beruf der Hausfrau unter die Berufsunfähigkeitsversicherung fallen zu lassen. Abgesehen davon, dass eine genaue Konkretisierung des Berufsbildes nur schwer möglich ist und es an einer vorausgegangenen, den Beruf prägenden Ausbildung fehlt, wäre auch nicht ersichtlich, wie in einem solchen Fall der Versicherer von seiner Verweisungsmöglichkeit Gebrauch machen sollte.
2. Keine Haftung der Beklagten kommt auch nach den Grundsätzen der gewohnheitsrechtlichen Erfüllungshaftung in Betracht. Hiernach besteht eine Haftung des Versicherers, wenn sein Abschluss oder Vermittlungsagent bei Vertragsschluss falsche Auskünfte über Inhalt oder Bedeutung der Versicherungsbedingungen oder sonstige vertragswesentliche Punkte abgibt und der Antragsteller hierauf vertrauen darf (BGHZ 40, 22, 24 f.. VersR 2001, 1502. Urteil des Senats vom 13. September 2007 - 8 U 29/07 , VersR 2008, 60). Der Versicherer haftet also in dem Umfang auf Erfüllung, den der Versicherungsagent dem Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss als Inhalt der Versicherung dargestellt hat. Die Haftung greift zunächst in den Fällen ein, in denen der Agent positiv eine Falschauskunft über den Inhalt der Versicherung abgibt. Sie kann ferner auch in einem Unterlassen bestehen, wenn der Agent die für ihn erkennbaren unzutreffenden Vorstellungen des Versicherungsnehmers erkennt, ohne diesen zu widersprechen und den Versicherungsnehmer zutreffend aufzuklären (OLG Stuttgart VersR 2004, 1161. OLG Nürnberg r+s 1999, 165. OLG Köln r+s 1992, 220, 221. 1991, 113, 114. OLG Koblenz VersR 1980, 915). Keine Haftung kommt dagegen in Betracht, wenn den Versicherungsnehmer ein erhebliches Eigenverschulden trifft (BGH, Senat, a. a. O.). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Auskunft des Agenten klaren und eindeutigen Versicherungsbedingungen widerspricht, die dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung vorlagen. Hier hat die Klägerin bereits nicht bewiesen, dass bei dem Beratungsgespräch abweichend von den Angaben im Antrag der Zeuge C. erklärt hätte, tatsächlich sei eine reine Berufsunfähigkeit versichert, oder dass dieser zumindest erkennbare Fehlvorstellungen der Klägerin über den Umfang des Versicherungsschutzes wahrgenommen, die Klägerin aber gleichwohl nicht über die Bedeutung der Erwerbsunfähigkeitsklausel aufgeklärt hätte.
3. Der Klägerin steht ferner kein Schadensersatzanspruch wegen Beratungsverschuldens aus culpa in contrahendo zu, weil die Beklagte fehlerhafte Auskünfte über den Umfang des Versicherungsschutzes gegeben oder auf eine nahe liegende Deckungslücke nicht hingewiesen hat. Eine derartige Schadensersatzverpflichtung wegen fehlerhafter Beratung wird durch die Grundsätze über die gewohnheitsrechtliche Erfüllungshaftung zwar nicht ausgeschlossen. Beide Rechtsinstitute stehen vielmehr nebeneinander, weil sie sowohl hinsichtlich ihrer Voraussetzungen wie auch ihrer Rechtsfolgen unterschiedlich sind (BGH VersR 1963, 768. 1972, 530). Abgesehen davon, dass die Klägerin aber bereits eine fehlerhafte Beratung nicht bewiesen hat, fehlt es auch schon an der schlüssigen Darlegung des Schadens. Wegen der Beschränkung des Ersatzes auf das negative Interesse müsste die Klägerin nachweisen, dass sie bei richtiger Belehrung anderweitig Versicherungsschutz nachgesucht hätte und ein anderer Versicherer mit ihr eine Berufsunfähigkeitsversicherung ohne Erwerbsunfähigkeitsklausel geschlossen hätte, die Leistungen bereits bei mindestens 50 %iger Berufsunfähigkeit als Hausfrau vorsähe. Dafür fehlt es an jedem Vortrag.
4. Ist somit von der wirksamen Vereinbarung der Erwerbsunfähigkeitsklausel auszugehen, so steht der Klägerin auch hieraus kein Anspruch zu, weil eine Erwerbsunfähigkeit nicht ersichtlich ist und von der Klägerin auch nicht schlüssig dargelegt wurde. Erwerbsunfähig nach dieser Klausel ist der Versicherte, der infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann. Erwerbsunfähigkeit liegt ferner vor, wenn der Versicherte mindestens sechs Monate lang ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, außerstande gewesen ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit zu erzielen, und dieser Zustand im Zeitpunkt der Feststellung fortbesteht. Anders als bei der Berufsunfähigkeit genügt hier also nicht eine nur 50 %ige Erwerbsunfähigkeit, sondern es muss sich um eine vollständige Erwerbsunfähigkeit handeln, die eine regelmäßige Erwerbstätigkeit oder mehr als nur geringfügige Einkünfte ausschließt.
Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Ausweislich des im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten orthopädischen Gutachtens des Dr. W. vom 22. Juli 2006 bestehen bei der Klägerin Beschwerden der Hände und Füße im Sinne einer rheumatoiden Arthritis, einer Arthrose der Finger II. bis IV., einem Zustand nach versorgtem Strecksehnenbriss V. Finger links, einem rezidivierendes HWS-Syndrom bei diskreten degenerativen Veränderungen der HWS sowie Anhaltspunkte für eine somatoforme Schmerzstörung und ein depressives Syndrom (S. 14, 16 des Gutachtens). Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Klägerin eine 6-stündige Verrichtbarkeit leichter bis mittelschwerer körperlicher Arbeiten mit gewissen Einschränkungen (keine Tätigkeit im Publikumsverkehr, Vermeidung besonderer Stressbelastung, kein Heben und Tragen von Lasten über 5 kg) möglich und zumutbar ist (S. 16 - 20 des Gutachtens). Auch wenn das Gutachten in einem sozialgerichtlichen Verfahren erstattet wurde, ist nicht ersichtlich, dass sich inhaltlich Abweichungen zum Begriff der Erwerbsunfähigkeit nach der hier vereinbarten Klausel ergäben. In einem weiteren neurologischpsychiatrischen Gutachten des Dr. P. vom 31. Januar 2006 für die D. B. (Bl. 55 - 69 d.A.) waren als Diagnosen Angst und Depression, Verdacht auf frühe Persönlichkeitsstörung und rheumatische Arthritis angegeben worden (S. 11). Die Klägerin sei wegen ihrer sozialen Phobie zwar nicht mehr in der Lage, eine Tätigkeit mit Publikumsverkehr auszuüben wie zuletzt als Verkäuferin in einem Möbelgeschäft. Möglich seien aber insgesamt 4 - 5 Stunden leichte Tätigkeiten, die ohne Heben und Tragen auszuüben sind, und keine besonderen Anforderungen an die Konzentration stellen (S. 13). Auf der Grundlage der beiden Gutachten kann mithin von einer Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nicht gesprochen werden.
Ohne Erfolg macht die Klägerin auch geltend, ihr Gesundheitszustand habe sich nach der Erstattung des Gutachtens Dr. W. verschlechtert, so dass nunmehr von Erwerbsunfähigkeit auszugehen sei. Hierzu fehlt es an jedem substantiierten Vortrag. Auch wenn die Klägerin medizinischer Laie ist, müsste sie schon darlegen, wie konkret sich ihre gesundheitlichen Beschwerden verschlechtert haben, ob neue hinzugekommen sind und welche Auswirkungen dies für ihre Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit haben soll. Da die beiden Sachverständigen berufliche Tätigkeiten von 6 bzw. 4 - 5 Stunden täglich für möglich halten, die Grenze zur Erwerbsunfähigkeit also lange noch nicht erreicht ist, müsste hier angesichts der im einzelnen begründeten Sachverständigengutachten schon ein dezidierter Vortrag erfolgen, warum diese Feststellungen nicht (mehr) zutreffen sollen. Hierzu genügt es insbsondere nicht, wenn die Klägerin nur pauschal auf die in der Klageschrift genannten Erkrankungen verweist, da es sich hier um genau die Diagnosen handelt, die die beiden Sachverständigen bereits ihren Gutachten zugrunde gelegt hatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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